„Ein ganzes Buch könnte ich schreiben!“ Frau Bernstein schaut mich fragend an. „Oder machen Sie es für mich?
Im Gegensatz zu Frau Bernstein, der am Ende der Schulzeit eine Legasthenie attestiert worden war, schreibe ich wirklich gern. Und auch ich könnte ein ganzes Buch schreiben über die Arbeit mit Frau Bernstein, Familie Wertmüller oder die Gültekins. Menschen, die sich mir anvertrauten und mir Einblick in ihre Familiengeschichten gaben, Biografien, die es wert sind, erzählt, gehört und aufgeschrieben zu werden.
Frau Bernstein lernte ich kennen, als ich im Rahmen eines sozialpädagogischen Clearings überprüfen sollte, welche Unterstützung ihre Familie braucht, um ein gewaltfreies Miteinander zu etablieren. Das besondere in diesem Fall war, dass es Frau Bernstein selbst gewesen ist, die den Krisendienst des Jugendates angerufen und eine Kindeswohlgefährdung, betreffend ihre Kinder Bella, Josie und Lewin, gemeldet hatte.
Nach dem ersten Monat unserer Zusammenarbeit wurden zwei weitere Fachkräfte eingesetzt und die gemeinsame Arbeit ging über drei Jahre. Unsere Aufträge und Ziele wurden prozesshaft, dem sich ändernden Bedarf der einzelnen Familienmitglieder, angepasst und zum Abschied überreichte ich Frau Bernstein ein kleines Buch. Ich hatte eine Art Tagebuch geführt und einige Szenen, die aus meiner Sicht die Stärke und die Liebe dieser Familien erkennen ließen, ausgewählt und die gemeinsame Zeit auf ungewöhnliche Weise dokumentiert.
Als ich mich nun Anfang des Jahres 2022 mit der Idee beschäftigte, einen Blog zu öffnen, dachte ich an Frau Bernstein und die die anderen Mütter, Väter und Kinder, die gehört werden wollen. Ihre Erfahrungen gleichen sich in vielerlei Hinsicht und doch ist jede Lebensgeschichte einzigartig. Jede Geschichte ist Wertvoll. Hörenswert. Schreibenswert. Lesenswert. Ich möchte sie erzählen, und wer weiß, vielleicht wird ja doch noch ein Buch daraus. Für heute bin ich zufrieden und mein Ideenkind hat einen Namen.
*Die Namen der Personen sind natürlich frei erfunden.