Am 24. Februar wachte ich früh auf, schrieb eine Geburtstgsgeschichte für meine Freundin und war guter Dinge. Die Pandemie schien sich in Richtung Endemie zu entwickeln, der Frühling stand vor der Tür, meine Erkältung hatte sich verzogen und ich freute mich auf die erste Tanzveranstaltung seit mehr als zwei Jahren.
Dann, so gegen 8 Uhr, schaltete ich das Radio ein und alles war anders. Es war wieder Krieg. Nur tausend Kilometer entfernt waren die ersten Bomben gefallen. Ich war wie gelähmt. Unter Schock. Fühlte mich hilflos.
Am Nachmittag mache ich mit meiner Kollegin einen Hausbesuch. Es ist der letzte Termin bei einer Familie, mit der wir ein Jahr lang intensiv und erfolgreich zusammengearbeitet hatten. Heute werden wir uns verabschieden. Das Gespräch ist emotionaler als ich erwartet hatte. Wir sind schon seit drei Wochen mit der Auswertung beschäftigt, und heute hören wir noch einmal und noch deutlicher als in den Gesprächen zuvor, was wirklich hilfreich gewesen ist und warum etwas gut war. Hilfreich war das Vertrauen, das entstehen konnte. Die Begegnung auf Augenhöhe. Die Erfahrung für Handlungen, die man am liebsten rückgängig machen würde, weil man sich schämt und für die man Schuldgefühle hat, nicht verurteilt zu werden sondern Verständnis und Mitgefühl zu erfahren.
Wir waren hilfreich! Unsere Arbeit ist sinnvoll. Wir haben dazu beigetragen, dass die Liebe und die Freude wieder mehr Platz haben in dieser Familie und im Miteinander dieser fünf Menschen. „Der Krieg ist vorbei“, sagt die Fünfzehnjährige, „zumindest bei uns“.
Zum Abschied überreichen die Eltern uns ein kleines Geschenk. Und das, obwohl sie gerade selbst knapp bei Kasse sind. Auch sie sind entsetzt, von dem was in der Ukraine geschieht. Doch „die Hoffnung stirbt zuletzt“ ruft die Mutter uns zu, als wir schon im Treppenhaus sind.
„Mit der Hoffnung sieht es bei mir gerade nicht so gut aus“, gestehe ich meiner Kollegin, als wir die Straße betreten. Sie fühlt sich genauso elend wie ich und wir phantasieren uns in mögliche Zukunftsszenarien hinein.
Was können wir tun? Können wir überhaupt etwas tun?
Am Ende keimt Hoffnung.
Ein Märchen.
An der Bushaltestelle verabschieden wir uns und meine Kollegin sagt: „Wir können weiter hilfreich sein. Zumindest das, können wir tun.“
Diese Geschichte hat mir eine Freundin, die wie ich, in der aufsuchenden Familientherapie arbeitet, geschickt.